Datenschutzrecht, Rechtssprechung
Fotoveröffentlichung beim Immobilienverkauf: LG Frankenthal weist Klage ab
In Zeiten, in denen Datenschutz eine immer größere Rolle spielt, stellt sich auch beim Verkauf von Immobilien die Frage, wie mit persönlichen Daten und Fotos von Wohnräumen umgegangen werden darf. Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Frankenthal (Urteil vom 04.06.2024, Az. 3 O 300/23) beleuchtet dieses Thema und gibt wichtige Hinweise für Immobilienmakler und Verkäufer.
Der Fall
Die Mieter einer Doppelhaushälfte klagten gegen eine Immobilienmaklerin, die mit dem Verkauf der von ihnen bewohnten Immobilie beauftragt war. Am 11.08.2022 wurden mit (nach Würdigung des Gerichts) Einverständnis der Mieter Fotos der Innenräume aufgenommen und diese anschließend auf einer Immobilienplattform sowie in Exposés veröffentlicht.
Nachdem die Mieter von Bekannten und Fremden auf die Fotos angesprochen wurden, fühlten sie sich unwohl und forderten von der Maklerin Auskunft über die Datenverarbeitung sowie Schadensersatz. Die Maklerin reagierte darauf mit der Löschung der Fotos und wies die Ansprüche zurück.
Die Entscheidung des Gerichts
Das Landgericht Frankenthal wies die Klage der Mieter ab und gab damit der Immobilienmaklerin Recht. Neben Fragen zu Auskunftsansprüchen war Kern der Klage die Forderung nach Schadensersatz, wie schon oft hier im Blog beleuchtet. Die Begründung des Gerichts lässt sich wie folgt zusammenfassen:
- Ein Anspruch auf Schadensersatz nach Art. 82 DSGVO besteht nicht, denn die Mieter hatten wirksam und konkludent in die Erstellung und Nutzung der Fotos eingewilligt.
- Die Maklerin verstieß lediglich gegen die Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht (Art. 7 Abs. 3 S. 3 DSGVO), was aber nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung führt.
- Es fehlt an der Darlegung eines konkreten immateriellen Schadens durch die Mieter. Die pauschale Behauptung eines "diffusen Gefühls des Beobachtetseins" reicht dafür nicht aus.
Dieses Urteil unterstreicht die Bedeutung einer klaren Kommunikation und Einwilligung bei der Verwendung von Fotos im Rahmen von Immobilienverkäufen. Es zeigt auch, dass Immobilienmakler sorgfältig über Widerrufsrechte informieren sollten, selbst wenn dies im konkreten Fall nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung führte.
Vertiefung: Die Einwilligung und ihre Wirksamkeit
Ein zentraler Punkt in der Urteilsbegründung des Landgerichts Frankenthal war die Frage der Einwilligung. Das Gericht kam zu dem Schluss, dass die Mieter wirksam in die Erstellung und Nutzung der Fotos eingewilligt hatten. Hierzu führte das Gericht folgende wichtige Aspekte an:
- Konkludente Einwilligung: Die Mieter hatten die Mitarbeiter der Maklerin in die Immobilie eingelassen, damit diese Fotos machen konnten. Dies wertete das Gericht als konkludente und unmissverständliche Willensbekundung.
- Informierte Einwilligung: Die Mieter waren sich bewusst, dass die Fotos für den Hausverkauf gedacht waren und Dritten zugänglich gemacht würden. Dies entspricht laut Gericht der allgemeinen Lebenserfahrung.
- Formfreiheit: Das Gericht betonte, dass eine Einwilligung nach der Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) weder schriftlich noch ausdrücklich erfolgen muss, sondern auch durch eine eindeutig bestätigende Handlung erteilt werden kann.
- Belehrungspflicht: Interessanterweise stellte das Gericht fest, dass die Maklerin zwar gegen ihre Belehrungspflicht über das Widerrufsrecht verstoßen hatte, dies aber nicht zur Unwirksamkeit der Einwilligung führte. Das Gericht argumentierte, dass die Belehrungspflicht keine echte Wirksamkeitsvoraussetzung für die Einwilligung darstelle.
- Kein Widerruf: Das Gericht stellte klar, dass die Mieter ihre Einwilligung zu keinem Zeitpunkt widerrufen hatten. Die bloße Geltendmachung von Auskunftsansprüchen wurde nicht als konkludenter Widerruf gewertet.
Diese differenzierte Betrachtung der Einwilligung zeigt, wie komplex die datenschutzrechtliche Bewertung in solchen Fällen sein kann. Sie verdeutlicht auch, dass Immobilienmakler zwar sorgfältig über Widerrufsrechte informieren sollten, ein Versäumnis in diesem Bereich aber nicht automatisch zur Unwirksamkeit der gesamten Datenverarbeitung führt.
Einschätzung des Urteils
Das Landgericht lehnt sich aus dem Fenster, was die Einwilligung betrifft.
Eine konkludente Einwilligung zur Veröffentlichung von Fotos, die personenbezogen sind, sollte nicht als Grundlage für Verarbeitungsprozesse eines Maklerunternehmens dienen. Insbesondere die Dokumentation- und Rechenschaftspflicht der DSGVO spricht hier schon entschieden dagegen. Im Allgemeinen dürfte das Urteil ein Einzelfall darstellen, wenngleich der Sachverhalt in der Praxis täglich anzutreffen sein wird. Maklerunternehmen sollten weiterhin - auch um besser für die Verteidigung der Rechtsposition aufgestellt zu sein - Einwilligungen dokumentiert einholen.
Natürlich dürfen die Informationspflichten und insbesondere die Belehrung über das Widerrufsrecht nicht fehlen. Der EuGH wird sich in der Rechtssache C-394/23 zum Zusammenspiel von fehlenden Informationspflichten und der Rechtsgrundlage des berechtigten Interesses nach Art. 6 Abs. 1 lit. f) DSGVO äußeren. Folgt der EuGH den Schlussanträgen des Generalanwalts, dürften fehlende Informationen nach Art. 13 DSGVO zur Rechtswidrigkeit der Verarbeitung führen.
Das Gericht argumentiert in diesem Urteil gegen deutliche Stimmen in der Literatur, dass Verstöße gegen beispielsweise die Widerrufsbelehrung die Rechtswidrigkeit der Verarbeitung begründen. Ob diese Ansicht schlussendlich den EuGH überzeugen kann, ist eher unwahrscheinlich.